Turner- und Freiwillige Feuerwehr

Gilt 1855 als das Gründungsjahr der Freiwilligen Feuerwehr in Goslar, so beginnt doch die Geschichte des Feuerlöschwesens in Goslar weit vor 1855. Mehrere Großbrände waren zu verzeichnen, die durch die Pflichtfeuerwehr oder auch durch Bürger, die jedoch nicht freiwillig in einer Feuerwehr organisiert waren, bekämpft wurden.

Im Jahr 1816 waren in Goslar neun große Spritzen, zwei tragbare Spritzen, 316 Feuereimer, 57 Leitern, 55 Feuerhaken und 12 Gegenstände zur Wasseraufbewahrung orhanden. Die Benutzung dieser Geräte oblag den männlichen Bürgern der Stadt, die quasi verpflichtet waren, Dienst im Brandfall zu tun. Die städtischen Löschanstalten waren somit eine Pflichtfeuerwehr.

Im Jahre 1836 wurde der Rettungsverein bei Feuersgefahr gegründet, der im Jahre 1849 aus vier Sektionen (Stephani Bezirk, südlicher Marktbezirk, nördlicher Marktbezirk, Frankenberger  Bezirk) mit jeweils 36 Männern bestand. Die Hauptaufgabe des Rettungsvereins wurde in der Rettung von in Gefahr befindlichen Mit-Einwohnern und in der Rettung von Habe gesehen.  Aber die mangelhafte Zuverlässigkeit und interne Querelen führten zur Idee, eine Turner Rettungsschar aufzubauen.

1855 erklärten sich in der Mitgliederversammlung am 14. Januar 20 Turner des Männer-Turn-Vereins bereit, aktiv in einer Turner-Rettungsschar mitzuarbeiten.
Die Turner-Rettungsschar war Teil des Männer-Turn-Vereins und jedes Mitglied des Vereins ist ebenfalls Mitglied des Turn-Feuerlöschungs-Verein.

Die aktiven Mitglieder der Turner-Rettungsschar haben sich freiwillig in den Dienst für die Allgemeinheit gestellt. Ihre Aufgabe (und hier ist die Bezeichnung Turner-Rettungsschar etwas verwirrend) wurde ausschließlich im Löschen eines Feuers angesehen. Das Retten von Personen und das Bergen von Gegenständen oblag nicht der Turner-Rettungsschar.

Die Turner-Rettungsschar nahm nach und nach eine immer wichtigere Funktion im Feuerlöschwesen der Stadt Goslar ein. Dieses wurde auch durch die Übergabe einer weiteren Spritze im März 1861 an den Männer-Turn-Verein durch die Stadt unterstrichen. In der Mitte der 60er-Jahre des 19. Jahrhunderts hatte sich die Mannschaftsstärke der Turner-Rettungsschar versechsfacht, und neben den beiden Spritzenmannschaften wurde ein Steigerkorps eingerichtet, dessen vordringliche Aufgabe die Menschenrettung war.

Am 27.02.1870 wurden von Gustav Völker (bisher Spritzenmeister der Spritze Nr. 4) und dem Mitglied der Turner-Feuerwehr Franz Horn Statuten der Freiwilligen Feuerwehr an den Magistrat übersandt. Die beiden Männer bemühten sich, eine weitere freiwillige Organisation zu gründen, deren Ziel es war, sowohl in Goslar als auch auswärts bei Feuer Hilfe zu leisten.

Zwar waren gemäß der städtischen Feuerlöschordnung vom 08.04.1864 alle männlichen Bewohner zwischen 20 und 60 Jahren, die im Stadtgebiet wohnten, zur unentgeltlichen Hilfe im Brandfall verpflichtet. Dieses hinderte den Magistrat jedoch nicht, der beantragten Gründung der Freiwilligen Feuerwehr zuzustimmen.

Das Gründungsdatum der Freiwilligen Feuerwehr kann mit dem 19. März 1870 festgesetzt werden. An diesem Tag traten der Freiwilligen Feuerwehr laut Stammrolle 37 Mann bei. Die Statuten der Freiwilligen Feuerwehr wurden jedoch erst am 27.11.1871 durch die Mitgliederversammlung genehmigt. Der Magistrat aber lehnte eine Anerkennung ihrer Statuten ab, da er diese als nicht notwendig erachtete.

Die Zusammenarbeit der beiden freiwilligen Feuerwehren war nicht immer leicht. Ungeachtet mancher Konflikte fanden jedoch auch gemeinsame Übungen der beiden Feuerwehren statt.

Im Jahr 1930 können beide Feuerwehren eine beachtliche Stärke an Personal und Ausrüstung vorweisen. So standen der Turner-Feuerwehr 169 und der Freiwilligen Feuerwehr 147 aktive Kameraden zur Verfügung.

Am 15. Dezember 1933 wurde das „Gesetz über das Feuerlöschwesen im Lande Preußen“ veröffentlicht. Dieses Gesetz leitet das Ende der beiden freiwillig organisierten Feuerwehren in Goslar ein. Das Gesetz implizierte, dass in einer Gemeinde nur noch eine Feuerwehr anerkannt sein konnte. Eine Zusammenführung beider Feuerwehren war nun die logische Konsequenz des Gesetzes.

So fand am 10. Januar 1934 die letzte Jahreshauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr im Ratscafé statt. In der letzten Versammlung der TF am 25. Januar 1934 beschwerte sich der Kamerad Reinecke, dass die Turner-Feuerwehr nicht über die Anschaffung einer Motorspritze für die Freiwillige Feuerwehr informiert wurde.

Am offiziellen Zusammenschluss der beiden Feuerwehren am 28. Januar 1934 änderte sich jedoch nichts. Die erste gemeinsame Mitgliederversammlung fand am 15. Februar 1934 statt.

Nachkriegszeit

In der Zeit nach dem Krieg entwickelte sich langsam das Feuerlöschwesen, das 1978 durch das heute noch gültige Niedersächsische Brandschutzgesetz einen neuen rechtlichen Rahmen gefunden hat.

Selbstverständlich setzte die Stadt alles daran, in der Nachkriegszeit eine funktionierende und gut ausgestattete Feuerwehr vorzuhalten. Neue Fahrzeuge ersetzten die alten, neue persönliche Ausrüstungen wurden angeschafft und auch das Fernmeldewesen wurde nach und nach ausgebaut. Wurde auch am 01. April 1949 der Unfall- und Krankentransport von der Feuerwehr abgegeben, so konnte mit einem steigenden Einsatzaufkommen für die Kernaufgaben der Feuerwehr gerechnet werden. Mit einer Einwohnerzahl von knapp über 40.000 erreichte die Stadt Goslar im Jahre 1950 einen ersten Höhepunkt.

Für die Feuerwehr bedeutete dieses, dass nach dem Gesetz über den Feuerschutz im Lande Niedersachsen für diese Mitbürger nicht nur der Brandschutz sichergestellt werden musste, sondern vielmehr auch die Hilfeleistung bei anderen öffentlichen Notständen. Wir sprechen heute von technischen Hilfeleistungen, die sich zu einer Hauptaufgabe er Freiwilligen Feuerwehr Goslar entwickelt haben.

Mit der Nachkriegszeit ging selbstverständlich auch eine organisatorische Neuorientierung einher. So übertrug der Gesetzgeber die Aufsicht über die Feuerwehren dem Landkreis. Hierzu wurde der Kreisbrandmeister eingeführt. Da die Stadt Goslar jedoch gleichzeitig Stadtgemeinde und auch Stadtkreis war, gab es einen Kreisbrandmeister und seinen Stellvertreter, den sog. Hauptbrandmeister.

War es die Aufgabe des Kreisbrandmeisters, Berater für die Aufgaben des Brandschutzes zu sein, so oblag dem Hauptbrandmeister die eigentliche Führung der Feuerwehr.

Diese Konstellation änderte sich durch die Gebietsreform im Jahr 1972. Die Stadt Goslar wurde in den Landkreis Goslar eingegliedert, und die Gemeinden Oker, Hahndorf, Jerstedt und Hahnenklee-Bockwiese wurden der Stadt Goslar eingemeindet.

Die Ortsfeuerwehr Goslar konnte sich nun nicht mehr alleine als Freiwillige Feuerwehr Goslar sehen, sondern vielmehr als Teil der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Goslar. Die Führung der Stadtfeuerwehr oblag ab sofort dem Stadtbrandmeister. Jede Ortsfeuerwehr, so auch die der Ortsfeuerwehr Goslar, wird seitdem durch einen Ortsbrandmeister geführt.

Vom Marstall bis zur Okerstraße

Die Feuerwache am Marstall ist das Domizil der Feuerwehr, das gerade ältere Bürger mit der Feuerwehr in Goslar verbinden.
Mitten in der Altstadt war die Freiwillige Feuerwehr Goslar bis zum 21. Februar 1985 zuhause.

Wann genau das Gebäude am Marstall errichtet worden ist, kann heute mit Sicherheit nicht gesagt werden. Die Gebäude sind jedoch schon im Jahre 1395 urkundlich erwähnt worden. Ob zu dieser Zeit jedoch die Gebäude an der Marstallstraße schon zur Lagerung von Feuerlöschgerät genutzt worden, ist nicht bekannt.  Es ist lediglich zu vermuten, dass seinerzeit Feuereimer, Feuerhaken und Feuerleitern gelagert waren.

Im Jahr 1912 wurde der Schlauch- und Steigerturm in Betrieb genommen. Geplant war er seit 1907 und hat bis zu seinem „Umzug“ an die Okerstraße im Jahr 1984 als Wahrzeichen der Feuerwache in der Innenstadt gedient.

Mehrere Umbauten, so zur 100-Jahr Feier wurden an der Marstallstraße durchgeführt, sie war jedoch in der 2. Hälfte des vergangenen Jahrhunderts viel zu klein zur Unterbringung heutiger Großfahrzeuge. Mehrfach wurde die Feuerwehr Goslar vertröstet und der Bau einer neuen Feuerwache immer wieder durch die Politik herausgeschoben.
Im Jahr 1980 erhielt die Feuerwehr die Mitteilung, dass der Um- bzw. Neubau der Feuerwache keine Chancen mehr hat.

Im Jahr 1982 sieht sich die Ortsfeuerwehr Goslar gezwungen, mit einem Dienst nach Vorschrift und der (kostenpflichtigen) Bildung einer Pflichtfeuerwehr zu drohen, wenn eine feste Zusage über den Baubeginn einer neuen Feuerwache nach über 120 Jahren nicht in naher Zukunft durchgeführt wird.

So konnte im Jahr 1983 der erste Spatenstich an der Okerstraße getan werden und die Ortsfeuerwehr hat im Jahr 1985 ihre neue Feuerwache an der Okerstraße, die den Anforderungen ein eine Schwerpunktfeuerwehr genügt.

Auch der Anfang des Jahrhunderts erstellte Schlauchturm konnte mit an die Okerstraße umziehen. Ein überaus großes Engagement der Freiwilligen Feuerwehr führte dazu, dass das historische Schmuckstück weiter in den Mauern der Stadt Goslar zu sehen ist.  Auf Initiative der Feuerwehr übernahm die Stadt die Bauarbeiten des steinernen Fundamentes, und die Feuerwehrkameraden bauten den Turm in Eigenleistung an der Marstallstraße ab und nachfolgend auf dem Ziegenplatz wieder auf.

Feuerwehr heute

Jedoch war in der Vergangenheit immer öfter zu beobachten, dass auch eine Freiwillige Feuerwehr mit bis zu 180 Einsätzen im Jahr trotz einer Reserve von ca. 100% an die Grenze der Leistungsfähigkeit gerät. So erlaubt es die zum Teil schwierige wirtschaftliche Lage von Unternehmen nicht immer, dass die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz für einen Feuerwehreinsatz verlassen.

Weiterhin kann auch beobachtet werden, dass viele Feuerwehrkameraden ihren Arbeitsplatz weit außerhalb der Grenzen der Stadt Goslar besitzen und somit gerade im Tagesverlauf für Einsätze nicht verfügbar sind.

Damit aber dennoch genug Feuerwehrkameraden für Einsätze zur Verfügung stehen und die Bürger der Stadt Goslar auf schnelle Hilfe durch die freiwilligen Kräfte bauen können, besitzt die Ortsfeuerwehr Goslar ein ausgeklügeltes System der Alarmierung, mit dem eine erhöhte Einsatzbereitschaft erreicht werden soll.

Diese Einsätze in Zahlen ausgedrückt: Die Feuerwehrleute der Ortsfeuerwehr Goslar wurden z.B. im Jahr 2003 zu 120 Brandeinsätzen (hiervon 46 blinde Alarme) und 39 technischen Hilfeleistungen gerufen. Bei einer durchschnittlichen Einsatzdauer von eineinhalb Stunden ergibt sich im Jahr 2003 eine Gesamteinsatzdauer von 5247 Stunden. Rechnet man die Übungsdienste mit 1350 Stunden im Jahr, so schlagen insgesamt 6597 Stunden Freizeit pro Jahr zu Buche, die die aktiven Feuerwehrleute der Allgemeinheit unentgeltlich zur Verfügung stellen.

An den oben genannten Zahlen ist ersichtlich, dass die Belastung eines Feuerwehrmitglieds in der Feuerwehr Goslar beträchtlich ist. Zusätzlich zu den ungeplanten Einsätzen, die nicht selten die nächtliche Bettruhe stören oder auch geplante Familienaktivitäten in Sekundenschnelle zunichte machen, muss der Feuerwehrmann auch an regelmäßigen Übungsdiensten und Ausbildungslehrgängen teilnehmen.

So stehen im Jahr ca. 60 Stunden Ausbildungs-, Übungs- und Informationsdienste für jeden aktiven Feuerwehrmann auf dem Plan. Zusätzlich kommen je nach Verwendung noch Maschinistenausbildung, Kommandositzungen und für jeden Kameraden durchschnittlich drei Brandsicherheitswachen, in denen Veranstaltungen in Goslar geschützt werden, hinzu.