Im April gastierte eine 14-köpfige Delegation von Führungskräften der Feuerwehren Arcachon (Frankreich), Aveiro (Portugal), Beroun (Tschechien) und Brzeg (Polen) für eine Woche in Goslar. Gemeinsam mit Vertretern der Goslarer Feuerwehren wurde ein Expertenaustauschprogramm zum Thema Hochwasser, gefördert durch die Europäische Union, durchgeführt. Zahlreiche Vorträge, Besichtigungen und ein lebhafter Austausch untereinander kam den Teilnehmern zugute.
Das Thema „Talsperren und Hochwasserschutz“ stand im Zeichen des Vortrages von Herrn Dr.-Ing. Andreas Lange (Harzwasserwerke). Am Beispiel der Okertalsperre als größte und zentrale Sperre im nördlichen Harzgebiet wurde die Talsperrenbewirtschaftung unter Einbeziehung des Hochwasserschutzes dargestellt. Die Hochwasserlagen der Jahre 2002 und 2007 wurden eingehend erläutert. Die technischen Details des Staudamms konnten die Teilnehmer direkt vor Ort erfahren. Insbesondere das Verfahren bei drohendem Überlauf der Okertalsperre, der Erstellung von Notfallplänen und der Prognosen für die Hochwasservorhersagen interessierte die Gäste.
Als weiterer Programmpunkt des ersten Tages begrüßte Seesens Stadtbrandmeister Jürgen Warnecke die Delegation im Rhüdener Feuerwehrhaus. Ortsbrandmeister Timo Hurlemann stellte das für den Seesener Ortsteil erarbeitete Hochwasserkonzept vor. So konnten die Führungskräfte der jeweiligen Partnerfeuerwehren erfahren, welche Maßnahmen bei Hochwasser durch den Wasserlauf Nette eingeleitet werden. Hurlemann informierte ausreichend über die Nutzung des 2007 fertig gestellten Staubeckens (Fassungsvermögen 520.000 m³), den Einsatz von Straßenmanagern und Warnung der Bevölkerung auf eine bevorstehende Öffnung des Staubeckens. Die Arbeitsweise in der Zentrale im Feuerwehrhaus Rhüden, sowie die Kommunikation mit dem vom Landkreis Goslar vorgehaltenen ELW 2 bei Hochwassereinsätzen weckte das Interesse der Teilnehmern.
Einen Einblick der Aufstellung und Arbeit der im Landkreis Goslar vorgehaltenen Kreisfeuerwehrbereitschaften gab Bereitschaftsführer Ulrich Eberhard, Feuerwehr Langelsheim. Die Einsatzvorbereitung bei Hochwasserlagen mit Sandsackreserven im Landkreis Goslar, der Vorhaltung eines Pumpenpools und der hinzuzuziehenden Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerkes oder auch zusätzlicher Bereitschaften aus anderen Landkreises wurden erörtert. Eberhard stellte auch die Verantwortlichkeiten in der Zuständigkeit der Gefahrenabwehr ausführlich dar. Starkes Interesse hatten die Führungskräfte der europäischen Feuerwehren in der Arbeitsweise von Kreisfeuerwehrbereitschaften und der Benachrichtigung der Bevölkerung. Kreisschirrmeister Martin Müller und Erich Herzberg von der Feuerwehrtechnischen Zentrale stellten die neu beschafften Hochwassersätze vor. Die Vorführung der Chiemsee-Pumpe beeindruckte die Teilnehmer. Viele Fragen galt es zu beantworten.
An den Folgetagen wurden die Werkfeuerwehr Volkswagen, die Berufsfeuerwehr Wolfsburg und die Feuerwehr der Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz Bergen besucht. Die Zusammenarbeit der Feuerwehren insbesondere mit freiwilligen Feuerwehren in Großschadenslagen, wie Hochwasser wurden erörtert. Selbstverständlich konnte auch ein Blick hinter die Kulissen gewagt werden. So verfügt die Werkfeuerwehr von Volkswagen über einen Absetzbehälter mit mehreren Tauchpumpen.
Die Vorführung von Tauchpumpen des Herstellers Rosenbauer wurde den Teilnehmern in Luckenwalde ermöglicht. Geschäftsführer Rainer Worm erläuterte die Entwicklung der Tauchpumpe „Nautilus“. Darüber hinaus informierte Worm die Delegation über die Hochleistungspumpen, die der Feuerwehrausstatter produziert. Ein kleiner Abstecher nach Potsdam zum Schloss „Sanssouci“ konnte auf der Heimreise kurzfristig eingelegt werden.
Zum Abschluss gab es einen gemeinsamen Gedankenaustausch im Feuerwehrhaus Goslar. Nach Vorträgen von Yvan Dupui (Arcachon), Rui Alberto (Aveiro), Tomas Hradil (Beroun und Dariusz Maciazek (Brzeg) zu eigenen Hochwasserereignissen und der daraus resultierenden Erfahrungen konnte ein sehr positives Fazit gezogen werden. Stadtbrandmeister Burkhard Siebert und sein Vertreter Christian Hellmeier resümierten einen weiteren positiven Schritt in der europäischen Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Feuerwehren. Ein Schadensereignis wie Hochwasser und Überflutungen macht an einer Grenze nicht halt. Der Zweck, aus den Erfahrungen Anderer zu lernen, konnte beim EU-Expertenaustauschprogramm umgesetzt werden.
Der Expertenaustausch wurde auf Beschluss des Europäischen Rates zur Entwicklung eines grenzüberschreitenden europäischen Hilfeleistungssystem im „Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen“ eingeführt. Das EU-Expertenaustauschprogramm dient dazu, die Kompetenz der EU in Katastrophenfällen zu verbessern und die Effektivität gemeinsamer Einsätze zu steigern. Das Austauschprogramm bietet Katastrophenschutzexperten Möglichkeiten zu gegenseitigem Erfahrungsaustausch, zur Erweiterung des Fachwissens und zur Intensivierung internationaler Beziehungen (Übungen, Vorträge, Besichtigungen, Vorführungen und innereuropäischer Austausch).Die Koordinierung des EU-Expertenaustauschprogramms erfolgt durch das Technische Hilfswerk (THW), die Finanzierung wird durch die EU gesichert. Der Erfahrungsaustausch der Teilnehmer erfolgt auf operativer, taktischer, wissenschaftlicher und konzeptionell-administrativer Ebene.
Ein Empfang durch die Bürgermeisterin der Stadt Goslar Renate Lucksch auf der Rathausdiele war ein Bestandteil des Programms. Dabei wurde Antonio Machardo in Beisein von Kreisbrandmeister Uwe Borsutzky mit der Silbermedaille des Deutschen Feuerwehrverbandes für die internationale Zusammenarbeit von Burkhard Siebert ausgezeichnet. Für die Dauer des Treffens waren die Teilnehmer im Berghotel Hahnenklee-Bockswiese untergebracht. Die Veranstaltungswoche wurde von zwei kompetenten Dolmetescherinnen begleitet.
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